pdf.png

Identitätsmissbrauch im Internet durch Schüler

Das VG Hannover hat in einem Beschluss vom 7. Juni 2006 entschieden, dass der Ausschluss und die Überweisung eines Schülers an eine andere Schule aufgrund des Missbrauchs des Namens eines Lehrers im Internet rechtmäßig sind, da der Schüler dadurch das Persönlichkeitsrecht des Lehrers und damit seine eigenen Schulpflichten verletze. (Az.: 6 B 3325/06).

Der Beschluss des VG Hannover ist über den Bereich des Schulrechts von großem Interesse, da es sich zu der Frage verhält, ob durch den Missbrauch der Identität das Persönlichkeitsrecht des Opfers verletzt wird.

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: ein Schüler der 6. Klasse hatte bei einer Internet-Partnerbörse für Singles ein passwortgeschütztes Nutzeraccount unter dem Namen einer Lehrerin K. eingerichtet und unter diesem Profil Beiträge verfasst und gechattet. Dabei hat der Schüler teils abfällige, teil obszöne Äußerungen abgegeben.

Darin liegt nach Ansicht des Gerichts die grobe Verletzung der Schulpflichten, die es rechtfertigt, den Schüler an eine andere Schule zu überweisen. Zu den Schülerpflichten gehöre auch die Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte. § 61 Abs. 2 NSchG stelle klar, dass auch der Verstoß gegen andere als schulrechtliche Bestimmungen eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des Schulrechts sein kann. Daher seien auch Verletzungen geschützter Rechtsgüter anderer Personen erfasst, wozu auch das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeine Persönlichkeitsrecht zähle.

Eingebettet in diese schulrechtliche Problematik ist der materiellrechtliche Kern des Beschlusses: Das Gericht geht davon aus, dass im Missbrauch des Namens im Internet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse nicht nur den Schutz der persönlichen Ehre, sondern solle allgemein die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen gewährleisten. Als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dazu z.B. BVerfGE 72, 155, 170, m.w.N.) auch das Recht auf Selbstbestimmung im Bereich der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten anerkannt.

Daher bestehe ein Grundrecht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seines Namens sowie dessen Weiterverbreitung im Zusammenhang mit Meinungsäußerungen und anderen Auftritten in der Öffentlichkeit zu bestimmen. Dieses stehe auch Lehrkräften im Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern ihrer Schule zu.

Die ohne Wissen und Genehmigung der Betroffenen vorgenommene Verbreitung der Namen von Lehrkräften der Schule in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Seite im Internet, die von diesen Lehrkräften gegen deren Willen ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das ihnen tatsächlich nicht zukommt und von den Betroffenen als beleidigend empfunden wird, sei danach eine schwer wiegende Pflichtverletzung.

Ferner enthält das Urteil noch eine interessante Feststellung zu einer beweisrechtlichen Problematik: Der Schüler behauptete, dass nicht er allein die betreffenden Äußerungen unter Verwendung des Accounts gemacht habe, sondern auch andere Schüler daran beteiligt gewesen seien. Das Gericht meint, dass aufgrund des Passwortschutzes eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass allein er unter Verwenung des Accounts Beiträge verbreitet habe, solange er für seine gegenteilige Behauptung keine nachvollziehbaren und objektiv nachprüfbaren Tatsachen bezeichne.

 

Hier finden Sie das Urteil im Volltext:

pdf.png PDF Version

Schreibe einen Kommentar